Kurze Einführung
Bei einem Verbraucherinsolvenzverfahren geht es in erster Linie darum, dem Schuldner durch eine Schuldenbereinigung einen finanziellen Neustart zu ermöglichen.
Deshalb wurde die außergerichtliche und gerichtliche Schuldenbereinigung in den Vordergrund gerückt und erst nachrangig ist ein Insolvenzverfahren vorgesehen.
Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 25.995 Insolvenzverfahren von Unternehmen (einschließlich Kleingewerbe) und 96.876 Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.
Angesichts dieser Zahlen drängt sich die Frage auf, ob finanzielle Krisen durch Mediation bzw. mediative Elemente effizienter, d.h., für die Beteiligten zeit- und kostensparender – aber vor allem
erfolgreicher – bewältigt werden können.
Erfolgsquote
Da bislang eine bundeseinheitliche Grundlagenstatistik zur Schuldner- und Insolvenzberatung fehlt, liegen keine gesicherten Erkenntnisse und Zahlen der erfolgreich
zum Abschluss gebrachten und der gescheiterten außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren vor. Aus diesem Grund greife ich auf meine eigenen Erfahrungen im Rahmen der Insolvenzberatung und
Schuldenbereinigung zurück. Danach scheitern die meisten außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuche. Gründe hierfür sind in erster Linie die hohe Anzahl von Gläubigern, die angebotenen
Nullpläne und das bloße Abfordern einer Bestätigung des gescheiterten Bereinigungsversuchs. Dann stellt sich allerdings die Frage, wozu der außergerichtliche Einigungsversuch dienen soll, außer
dass er zusätzlich Kosten und Zeit verursacht und das eigentliche Schuldenproblem nicht löst sondern nur zeitlich verschiebt.
Einsatzmöglichkeiten der Mediation
Durch die Regelung des § 305 Abs. 1 Nr.1 InsO wird ein weiter Spielraum für gläubigerauto-nome Verfahrensbereinigung und außergerichtliche Konfliktbewältigung
eröffnet. Die Erarbeitung von außergerichtlichen Lösungsvorschlägen soll zur Befriedigung der Gläubiger- und Schuldnerinteressen führen. Dabei geht es nicht nur um die Durchsetzung sämtlicher
Forderungen der Gläubiger gegen den Schuldner - wie bei der insolvenzrechtlichen Abwicklung des schuldnerischen Vermögens - sondern auch um die Vermittlung von Interessen der Beteiligten –
natürlich unter Berücksichtigung wertschöpfender Aspekte. Diese Interessenvermittlung kann durch ein Mediationsverfahren gelingen. Mit den Methoden der Mediation werden solche Faktoren
einbezogen, die in einem herkömmlichen Insolvenzverfahren nur sehr selten Berücksichtigung finden. Interessengegensätze oder Unklarheiten der Beteiligten über ihre wahren Interessen,
Informationsdefizite, Wertdefizite, eine verengte Sicht für mögliche Konfliktlösungen oder auch Beziehungsprobleme können dabei mithilfe eines geschulten, allparteilichen Dritten aufgearbeitet
werden. Besonders Beziehungsfragen beeinflussen Entschei-dungen häufiger als pure Rationalität und Objektivität. So werden oft Einigungsvorschläge entgegen jeglicher Wirtschaftlichkeit nur
deshalb ausgeschlagen, weil diese von der Schuldnerseite herrühren oder die Beziehung der Parteien in der Vergangenheit noch durch andere Konflikte geprägt war.
Das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren bietet durchaus einen geeigneten Handlungsrahmen für den Einsatz einer mediativen Konfliktbewältigung – auch
unter Beachtung insolvenzrechtlicher Grenzen. Vor allem bei einer überschaubaren Anzahl von Gläubigern könnten professionell geführte Mediationsverhandlungen erfolgsversprechend
sein.
Die Praxis
Anders sieht die Durchführung des Bereinigungsverfahrens in der Praxis aus. Die geeigneten Personen oder Stellen, die die Einigungsverfahren durchführen, agieren
häufig als Interessenvertreter der Schuldner – von der Position eines neutralen Dritten bzw. eines Mediators weit entfernt. Die Verhandlungen um eine Einigungsvereinbarung erfolgen mehrheitlich
auf schriftlichem Weg. Eine Verhandlungssituation, die von Rede und Gegenrede und von einer gemeinsamen Erarbeitung einer für Beteiligten akzeptablen Lösung geprägt ist, ist praktisch in der
Realität nicht vorhanden.
Fazit
Auch wenn die Grundsätze der Mediation während eines Schuldenbereinigungsverfahrens nicht vollumfänglich gewährleistet werden können, sollte durch den Einsatz von
mediativen Elementen zur Förderung der Schuldenbereinigung beigetragen werden. Eine Schuldenbereinigung wird nur gelingen, wenn sich die Interessen der Gläubiger, vor allem an einer
größtmöglichen Befriedigung ihrer Forderungen und das Erhaltungsinteresse des Schuldners, aufeinander abstimmen lassen. Damit das Einigungsverfahren zur einvernehmlichen Schuldenbereinigung
führt, müssen die Beteiligten Einigungsbereitschaft zeigen. Sofern mediative Elemente und Techniken in die herkömmlichen Methoden des Verhandelns integriert werden, erweitert diese Vorgehensweise
das Methodenrepertoire der geeigneten Person oder Stelle i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr.1 InsO und erhöht dadurch die Chance der Beteiligten, zu einer Einigung zu kommen.
Wie nah letztendlich das Schuldenbereinigungsverfahren dem Mediationsverfahren kommt, hängt entscheidend von dem Dritten ab, der es durchführt.
Literatur
Schuhmacher, Elmar / Thiemann, Stephan: Mediation und neues Insolvenzrecht – Möglichkeiten und Grenzen alternativer Konfliktlösungen im Insolvenzverfahren, in:
DZWIR 1999, Seiten 441 ff.
Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/UnternehmenHandwerk/Insolvenzen/Tabellen/UnternehmenSchuldner (Login vom 07.07.2014)
Stephan Breitenbach und Martin Henssler (Hrsg.): Mediation für Juristen, Köln, 1997, Seiten 171 ff.